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CSDR Level III – Endspurt oder Verlängerung?

Die aktuellen Entwicklungen zur Abwicklungsdisziplin und eine Einschätzung der möglichen Konsequenzen für die Marktteilnehmer.

Datum | 28.01.2022

„Der Regulierungsmarathon geht weiter“: So titelten Marvin Dietrich, Vicky Töppel und Larissa Wallraff ihren letzten Artikel zur neuen Abwicklungsdisziplin CSDR III, die zum 01. Februar 2022 in Kraft treten wird. Frühzeitig zeigten die Autor*innen darin auf, worauf sich die betroffenen Marktteilnehmer einstellen sollten, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Jetzt beleuchtet das Trio die aktuellen Entwicklungen rund um die CSDR III und liefert eine weitere wertvolle Einschätzung der möglichen Konsequenzen.

Es bleibt dabei: Die neuen Settlement-Richtlinien der Abwicklungsdisziplin CSDR III sollen zum 01. Februar 2022 in Kraft treten. Und so befinden sich einige Institute in den letzten Zügen der Vorbereitungen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Andere Institute wiederum „pokern“ auf eine offizielle Verschiebung, da es noch immer Unklarheiten gibt: Während die Regelungen zu den Sanktionsmaßnahmen eindeutig formuliert sind, wurden die verpflichtenden Buy-in Regeln als weithin zu unspezifisch und unverhältnismäßig kritisiert. Dies wurde unter anderem durch Pablo Portugal, Geschäftsführer der Association for Financial Markets in Europe (AFME), für die Interessenvertretung kommuniziert. 

Da bis zum Inkrafttreten der CSDR III jedoch nicht mehr viel Zeit bleibt, haben sich EU-Kommission und Rat nun darauf geeinigt, dass die Regelungen zum obligatorischen Buy-in durch die European Securities and Markets Authority (ESMA) überarbeitet werden. Sie sollen erst in zwei bis drei Jahren in Kraft treten. Alle anderen Regelungen der CSDR III sollen aber planmäßig zum Februar 2022 umgesetzt werden. 

Wie die genaue Umsetzung aussieht, ist derzeit noch nicht absehbar. Doch aktuell zeichnen sich zwei mögliche Szenarien ab: 

  • 1. Szenario: Die CSDR III wird zum 01. Februar 2022 vollumfänglich eingeführt, die Buy-in Umsetzung wird aber durch die nationalen Aufsichtsbehörden nicht geprüft. 
  • 2. Szenario: Es werden lediglich die Regelungen zu den Geldbußen eingeführt. Der obligatorische Buy-in wird verschoben.

Neues Statement der ESMA

Nach langem Warten hat die ESMA am 17. Dezember 2021 nun ein Statement hierzu veröffentlicht: Die Mitgesetzgeber haben sich auf eine Änderung der CSDR geeinigt. Mit Hilfe einer Pilotregelung für Marktinfrastrukturen auf der Grundlage der Distributed Ledger Technologie (dem sogenannten DLT-Pilotregime), soll eine Entkopplung der Bestimmungen zu den Sanktionen und der Bestimmungen zum obligatorischen Buy-in möglich sein. Diese Änderung ermöglicht es der ESMA, Entwürfe zu technischen Standards zu entwickeln, ohne die Gesamteinführung der CSDR Level III zu verzögern. 

Welche Konsequenzen die möglichen Szenarien jeweils nach sich ziehen?

Szenario 1: CSDR Abwicklungsdisziplin kommt zum 01. Februar 2022, aber die Buy-in Umsetzung wird nicht geprüft.

Durch das teilweise in Kraft treten der Regelungen entsteht ein Flickenteppich an Maßnahmen. Institute könnten die Regelungen unterschiedlich auslegen, da die von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Auslegungshinweise lückenhaft sind.Zudem tritt durch die Verschiebung der Buy-in Maßnahmen ein zentraler Teil der CSDR III erst später in Kraft. Dies könnte bei Kontrollen durch die Aufsicht dazu führen, dass aufgrund der unterschiedlichen Auslegungen innerhalb der Marktteilnehmer Diskrepanzen zwischen den von der EU gewünschten und den letztendlich umgesetzten Regelungen vorkommen. Ob dies von Seiten der Behörden geprüft und sanktioniert wird, bleibt abzuwarten.

Seitens der ESMA wird ein “No Action Letter” für die durchzuführenden Buy-ins als Übergangslösung in Betracht gezogen. Aufgrund der vorangeschrittenen Zeit wird eine offizielle Entscheidung nicht vor dem 01. Februar 2022 erwartet, sodass die Marktteilnehmer mit dieser zusätzlichen Unsicherheit umgehen müssen. Als Konsequenz könnte dies dazu führen, dass einige Marktteilnehmer eine Vermeidung von problematischen Geschäften forcieren, um die neuen Regelungen weitestgehend zu umgehen. Im weiteren Verlauf hätte dies zur Folge, dass die Handelsfreiheit am Markt, insbesondere für weniger liquide Titel eingeschränkt wird. 

Szenario 2: Geldbußen werden eingeführt, Buy-in verschoben

Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit könnte sein, dass die Regelungen zu den Geldbußen wie geplant zum 01. Februar 2022 in Kraft treten und nur die Anwendung des obligatorischen Buy-ins verschoben wird. Die ESMA müsste hierfür die bestehende CSDR-Verordnung anpassen und eine Übergangsregelung formulieren, da in der bestehenden Fassung die Geldbußen und der Buy-in stark miteinander verbunden sind: Demnach werden Geldbußen so lange berechnet, bis die tatsächliche Abwicklung erfolgt oder ein Buy-in durchgeführt wurde. Ob eine solche neue Übergangsregelung in der Kürze der Zeit erstellt und beschlossen werden kann, ist fraglich. 

Sollte eine entsprechende Neuregelung kommen, würde dies unter Umständen erneuten Umsetzungsaufwand in den einzelnen Häusern bedeuten. Sicherlich werden in den meisten Prozessanpassungen die Umsetzung zu Geldbußen und Buy-in ineinandergreifen, welche dann wieder getrennt werden müssten. Lediglich die Verarbeitung von angefallenen Geldbußen zum 01. Februar 2022 durchführen zu können, würde somit auch eine Auswirkung auf die Readiness der Häuser haben.

Ein Schwachpunkt bei der Umsetzung der Regularie war zudem der Mangel an Buy-in Agents im europäischen Markt. Eine Fristverlängerung könnte gegebenenfalls neue Anbieter motivieren, sich als solche am Markt zu platzieren. Zudem ist denkbar, dass die bestehenden Buy-in Agents während der Fristverlängerung ihr Vorhaben aufgeben müssen, da ihre Geschäftsgrundlage bis auf weiteres wegbrechen wird.

Das Fazit: 

In Anbetracht der bestehenden Unsicherheiten wäre es wünschenswert, dass das EU-Parlament zeitnah eine Entscheidung trifft, welche Regeln anzuwenden sind. Insbesondere im Hinblick auf den No Action Letter, welcher keine endgültige Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer bietet, sollte schnellstens Abhilfe geschaffen werden. Die Marktteilnehmer benötigen einen Zeithorizont zur weiteren Planung – und die EU sollte diese gewonnene Zeit nutzen, um die offenen Fragen zu klären und die Regularie zu spezifizieren. Nichtsdestotrotz sollten sich die Marktteilnehmer auf die möglichen Szenarien vorbereiten und das Thema nicht in Vergessenheit geraten lassen.